„Erst allmählich begannen die Opfer sich zu öffnen, begannen sie Gleichgesinnte zu treffen und sich in den Opferverbänden zusammenzuschließen. Das Ziel war einerseits nach innen gerichtet, indem man versuchte, die Schrecken mit anderen Opfern gemeinsam aufzuarbeiten, zum anderen nach außen, wo es galt, die Verbrechen der Täter offensichtlich zu machen und vor einer Wiederholung zu warnen."
Isabell Peuker / Markus Scharrer
„Die öffentliche Diskussion heute ist bestimmt durch die Generation der Kinder der Kriegsteilnehmer. Die momentane Häufung zeigt, dass die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit nicht ab, sondern eher noch zunimmt. Der Erfolg solcher Familien- und Generationenromane erklärt sich dadurch, dass das Geschilderte eher der 'gefühlten' Geschichte entgegenkommt, sie zeigen, dass das eigene Leiden erinnerungswürdig ist. Im Zentrum des öffentlichen Erinnerns stehen heute Auschwitz und die Würdigung der Opfer, was für viele Menschen kaum an Erlebtes anknüpft. Diese Bücher sind Ausdruck eines Wandels in der deutschen Erinnerungskultur, die es immer mehr erlaubt auch die Deutschen wieder mit ihrer Opfererfahrung einzuschließen, was vorher jahrelang als Tabu galt, weil man fürchtete, sonst der 'richtigen' Opfer nicht mehr ausreichend gerecht zu werden."
Alexa Friedrich / Annika Schönstädt
„Die Rückkehr der Bilder Ende der fünfziger Jahre bewirkte, dass das 'Beschweigen' der NS-Vergangenheit innerhalb der Familien von den später Geborenen nicht mehr akzeptiert wurde."
Isabell Peuker / Markus Scharrer
„Konsens herrschte darüber, dass die Darstellung von Auschwitz durch Film, Literatur und Bühne wichtig ist, solange sich alle Kunst, die sich mit diesem Thema beschäftigt, der geschichtlichen Einmaligkeit von Auschwitz bewusst ist."
Kathrin Dowall / Thomas Gutke
„Auschwitz und seine Darstellung im Drama „Der Stellvertreter" hat Rolf Hochhuth lange beschäftigt. Wie kann man darstellen, was sich jeglichem Zugang entzieht? Hochhuth sieht die Notwendigkeit der Darstellung Auschwitz', um gerade durch Sichtbarmachen zur Auseinandersetzung zu zwingen, aber er postuliert auch die Unmöglichkeit einer realistischen Abbildung Auschwitz'.
Hochhuth versucht nicht, die Realität des Grauens nachzuahmen. Vielmehr ist die Darstellung Auschwitz' surrealistisch und kommt nach Hochhuths eigenen Aussagen der Realität damit sicherlich am nächsten, denn er betonte, dass 'Sprache, Bild und Geschehen auf der Bühne schon durchaus surrealistisch [sind, wenn] man sich so weit wie möglich an die historische Überlieferung [hält].'"
Helvi Koch / Juliane Standke
„Charlie Chaplin kommentiert 1964 seinen Film mit den Worten, 'hätte ich damals von dem tatsächlichen Horror der deutschen Konzentratonslager gewusst, hätte ich mich nicht über den mörderischen Wahnsinn der Nazis lustig machen können' [...] Auch Benigni sieht sich also mit der Frage konfrontiert, ob es moralisch und ethisch richtig und zulässig ist sich komödiantisch mit der Thematik Auschwitz zu befassen."
Ann-Christin Seidel
„Abraham H. Foxman, der National Director der Anti Defamation-League, ist ein Überlebender des Holocaust. Er konnte sich vor dem Ansehen von LA VITA È BELLA nicht vorstellen, dass es möglich ist diese Thematik in eine Komödie zu packen. Wurde überzeugt und vertritt nun die Meinung. dass '(...) Roberto Benigni had created something very special - and very important.' (A. Foxman in einer Kritik zu LA VITA È BELLA) Seiner Meinung nach ist es wichtig, dass die Erinnerung an das Geschehen des Holocaust aufrecht erhalten wird, gerade weil immer mehr der Überlebenden sterben. Seiner Ansicht nach tragen Filme wie LA VITA È BELLA dazu bei, dass sich die jüngere Generation mit diesem Thema auseinandersetzt und somit dem Vergessen entgegenwirkt."
Ann-Christin Seidel
„Dient die Trivialisierung des Holocaust in diesem Genre von Film nicht dazu, dass das Grauen verschwiegen und somit die Wahrheit über den Holocaust verfälscht wird. Dieses Verfälschen ist in Frage zu stellen. Ist es einem Menschen erlaubt die geschichtlichen Tatsachen dieser Katastrophe zu verfälschen? Wird diese Komödie der Wahrheit gerecht? Sollte man den Opfern des Holocaust nicht mehr Respekt gegenüber bringen, indem man diesen Teil der Geschichte nur realistisch und wahrheitsgetreu darstellt?
Um die Reaktionen der jüdischen Gemeinde in Italien hat sich [Benigni] große Sorgen gemacht, weswegen es eine spezielle Vorpremiere gab. Die Rektionen fielen durchweg positiv aus. Die Zuschauer weinten, schwiegen und umarmten Benigni. Alle waren hellauf begeistert.
Jedoch soll jeder selbst urteilen, ob es richtig ist über den Holocaust zu lachen."
Ann-Christin Seidel
„Die persönlichen Empfindungen des kindlichen bzw. jugendlichen Ichs werden entweder in der Hintergrund gedrängt, aus dem jetzigen (erwachsenen)Blickwinkel betrachtet, gewertet oder müssen schlicht dem beobachtenden Blickwinkel weichen, so dass die Schilderungen mitunter nüchtern wirken, wenn man bedenkt, dass die Protagonisten zum Zeitpunkt des Erlebens zwischen zwölf und zweiundzwanzig Jahre alt waren."
Anja Grabow
„Da in den Kindheits- und Jugenddarstellungen zur Shoah mehrere literarische Traditionen zusammenfinden - Zeugnisliteratur, Kindheitsautobiographik, autobiographischer Roman, etc.- stellt sich auch die Frage inwiefern die Darstellung des Holocaust nach einem Bruch mit literarischen Traditionen verlangt und wie sehr auch andererseits, betrachtet man die erlittenen Zerstörungserfahrungen, autobiographische Schilderungen auf konventionelle Sprach- und Erzählformen angewiesen sind."
Anja Grabow
„Welche Formen des Erinnerns wird es dann für unsere Kinder geben? Auf welche Weise werden sie sich literarisch mit dem Holocaust beschäftigen? Wird das Thema Holocaust aus der Literatur der persönlichen Erinnerung verschwinden?"
Alexa Friedrich / Annika Schönstädt
„Im Vorfeld hatte sich die Gruppe bereits darauf geeinigt, Birkenau individuell, d. h. ohne Führung, zu besichtigen. Diese Entscheidung erwies sich als äußerst sinnvoll, ließ sie doch genügend Freiraum für persönliche Emotionen und den Umgang mit ihnen. [...] Das Gelände wurde von einer gespenstischen Ruhe, die sich wie ein riesiger Mantel über das Lager legte, durchzogen. Dadurch hob sich der Schrecken des Ortes besonders hervor. Der Aufenthalt an diesem authentischen Ort ohne Museumscharakter ließ Gefühle aufkommen, die deutlich intensiver waren als die im Stammlager."
Anja Lehmann / Jaqueline Strehmel